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Tequila Time #02: Warum Tequila definitiv kein Partygetränk ist!

Hallo René und Tobias. Zusammen betreibt ihr die tequilafabrik.de in Berlin. Über Pinterest bin ich auf euer spannendes Projekt aufmerksam geworden. Aber vorab kurz zu euch. Wo kommt ihr her? Was macht ihr neben der Tequilafabrik? Woher kennt ihr euch?

Wir kommen beide ursprünglich aus dem schönen Süden, um genau zu sein aus der Region Stuttgart. Dort wohnten wir etwa 20 km voneinander entfernt; um uns kennenzulernen, mussten wir jedoch beide zunächst knapp 10.000 km nach Puebla in Mexiko reisen! Dort haben wir zur selben Zeit beim selben Arbeitgeber einen Auslandsaufenthalt begonnen und ziemlich schnell herausgefunden, daß wir uns in vielerlei Hinsicht sehr ähnlich sind. Während viele Europäer mit der entspannten Mentalität der Mexikaner nur schwierig zurechtkommen, fühlten wir uns beide gleich sehr wohl damit und haben viele mexikanische Kollegen und Freunde gefunden. Tobias ist gelernter Produktdesigner und geht eben dieser Arbeit auch nach, ich habe einen Abschluss im Internationalen Vertrieb.

Ihr wart für eine Zeit in Cholula, Puebla. Eine witzige kleine Stadt mit wahnsinnig vielen Kirchen. Was hat euch dort hingeführt? Wie seid ihr von dort auf die Idee der Tequilafabrik gekommen? Was genau zeichnet die Tequilafabrik aus?

Wie gesagt, haben wir damals beide in Puebla gearbeitet, unsere Unterkünfte hat uns dabei unser damaliger Arbeitgeber zur Verfügung gestellt und diese lagen glücklicherweise in Cholula. Glücklicherweise, weil Cholula wie du schon sagtest eine witzige kleine Stadt ist, in der es nie langweilig wird. Da du auch schon dort warst, weißt du sicherlich wovon ich rede. Man kann zweifellos behaupten, daß wir uns beide in dieses Land verliebt haben und so bereisten wir so viele Städte und Orte wie nur möglich, unter anderem auch Tequila in Jalisco, denn wie viele anderen Deutsche auch, hatten wir nur äußerst schlechte Erfahrungen mit Tequila gesammelt. In Mexiko stellten wir jedoch fest, dass wir nie einen richtigen Tequila getrunken hatten und so zog es uns in seine Heimat, wir wollten mehr über diese anscheinend so missverstandene Spirituose erfahren. Und so wurde aus Interesse Leidenschaft.

Wir lernten Felipe kennen, der einen großen Anteil an unserem heutigen Verständnis für Tequila genommen hat und den wir heute als eine Art Paten der Tequilafabrik betrachten. Er führte uns in die Welt des Tequilas ein. Ich denke, das ist auch was die Tequilafabrik auszeichnet. Wir sind nicht zwei Verrückte, die mit einem Tequila-Gen auf die Welt gekommen sind, sondern zwei Verrückte, denen die Augen geöffnet wurden und das möchten wir nach Deutschland transportieren. Trotzdem war die Entstehung der Tequilafabrik ein Prozess. Nachdem wir wieder in Deutschland waren, wollten wir unsere neuen Erkenntnisse und Erfahrungen mit unseren Familien und Freunden teilen und sind hier auf sehr positives Feedback gestoßen. So war es für uns nur logisch, dass wir noch mehr Menschen erreichen und aufklären und unserer Leidenschaft nachgehen wollten.

Mexiko ist ein großartiges Land mit einer spannenden Kultur und Lebensart. Was schätzt ihr besonders an Mexiko? Und was macht für euch einen guten Tequila aus? Erkennt ihr eine besondere Tequila Trinkkultur in Mexiko und international?

Mexiko ist ein wundervolles Land. Auch wenn wir uns hauptsächlich mit dem Thema Tequila auseinandersetzen, möchten wir dadurch eben auch ein wenig mexikanische Kultur importieren. Diese Kultur ist eine großartige Kultur. Man spürt die Lebensfreude der Menschen und die Aufgeschlossenheit gegenüber allem Neuen. Mexiko ist bunt und vielfältig und das Leben spielt sich auf der Straße ab. Die Menschen sind extrem gastfreundlich und stets bemüht Auswärtige in ihre Kultur zu integrieren, dabei sind sie aber auch immer bemüht etwas von der fremden Kultur zu erfahren.

Einen guten Tequila zu erkennen ist nicht schwierig; wenn er dir schmeckt, ist er gut. Auch wenn sich das ein wenig plump anhört, letztendlich ist Tequila ein Genussmittel und so sollte es eben zum persönlichen Genuss beitragen! Ich möchte erst gar nicht damit anfangen mit Beschreibungen um mich zu schmeißen, wie ein guter Tequila zu schmecken hat. Tequila ist so unglaublich vielfältig, jeder sollte selbst herausfinden welcher Tequila sein Favorit ist, wichtig dabei ist stets darauf zu achten Tequila aus 100% blauer Agave zu trinken um den Qualitätsstandard zu wahren.

Die Trinkkultur, nun, da fangen wir besser mit der mexikanischen Trinkkultur an. Während Schnäpse (nicht nur Tequila) hier gerne auf einen Zug weggekippt werden, genießt man in Mexiko seinen Tequila, zu vergleichen mit einem guten Whiskey. Natürlich wird auch in Mexiko gerne mal ein Tequila auf Ex getrunken, keine Frage. Aber das ist eben nicht die übliche Art. Anders als man meinen könnte wird dieser dann auch nicht mit Salz und Zitrone heruntergespült, sondern pur getrunken, auch wenn es beispielsweite in der Gastronomie auch mal in Verbindung mit einer Sangrita und Limettensaft ausgeschenkt wird, dienten diese vermeintlichen Rituale in früheren Zeiten der Neutralisierung des Geschmacks. Bei der heutigen Qualität wäre es eher schade den Geschmack zu überdecken.

Die Mexikaner sind Stolz auf ihr Nationalgetränk und das merkt man. Wie du wahrscheinlich auch festgestellt hast, ist es in Mexiko üblich seinen Tequila aus einem Caballito zu trinken. Caballitos sind 4cl fassende, meist schlanke Tequilagläser, die es in allen erdenklichen Formen und Variationen gibt. Sie sind Teil der mexikanischen Trinkkultur (sei es nun für Tequila oder auch Mezcal) und vermitteln die bunte Vielfalt und Lebensfreude Mexikos gleichermaßen wie es die Spirituosen selbst tun. Wieder ein Zeichen dafür, dass die Tequila-Kultur in Deutschland noch keineswegs Fuß gefasst hat, ist die nicht vorhandene Auswahl dieser Caballitos.

In der Tequilafabrik haben wir auch das zu einem zentralen Punkt gemacht, wir möchten das ändern. Dafür arbeiten wir eng mit mexikanischen Glasmanufakturen und traditionellen Herstellern aus dem Kunsthandwerk zusammen und möchten unser Angebot in Zukunft gemeinsam noch weiter ausbauen.

Ihr seid Markenbotschafter für die großen Marken Herradura, Don Julio und 1800 Tequila. Was bedeutet das genau? Was ist eure Botschaft? Erinnert ihr euch, wann und wo ihr diese Tequilas das erste mal probiert habt?

Wir wissen, daß es für Deutsche, bzw. Europäer sehr schwierig ist, dem Tequila eine neue Chance zu geben. Jeder kann eine Tequila-Geschichte erzählen, die mit einem schlimmen Kater endet, davon sind wir nicht ausgenommen. Wir sprechen hier jedoch von Mixtos, die nur zu mindesten 51% aus dem Rohstoff Agave hergestellt werden, der Rest setzt sich aus minderwertigen, günstigeren Rohstoffen zusammen, die für den Kater verantwortlich sind. Hierzulande ist der Unterschied zwischen Mixtos und Tequilas noch größtenteils unbekannt. Der Markt wurde jahrzehntelang von Herstellern dominiert, die Mixtos vertrieben haben. Leider dürfen auch diese Produkte sich laut mexikanischem Gesetz offiziell Tequila nennen, solange sie aus mindestens 51% Agave hergestellt wurden und so dachte man stets, man trinkt ganz normalen Tequila, während es sich in Wahrheit um die kostengünstigste Variante gehandelt hat, die in Mexiko übrigens kein Mensch freiwillig trinken würde.

Davon abgesehen, daß Don Julio, Herradura und 1800 unsere persönlichen Favoriten sind, wollten wir eine übersichtliche Auswahl an Premiumtequilas anbieten, wohlwissend daß es natürlich auch noch viele andere gute Tequilas gibt. Jedoch dienen diese drei durch ihre großartige Qualität und ihrem ebenfalls großartigen Preis-Leistungsverhältnis als Vorzeigebeispiele. Wir haben stets gute Erfahrungen mit diesen Tequilas gesammelt und schon einige Zweifler wurden durch sie bekehrt. Man könnte also sagen, nicht wir sind die Botschafter der Marken, diese Marken sind die Botschafter des Tequilas! Und die Botschaft ist klar: So lecker kann Tequila sein!

Der erste Premiumtequila, den ich in Mexiko getrunken habe, war ein Reposado von Don Julio. Alles was danach geschah, hatte seinen Ursprung in diesem Geschmackserlebnis, man könnte sagen er ist der Grundstein der Tequilafabrik. Noch heute darf eine Flasche Don Julio Reposado niemals in meinem Regal fehlen, mit ihm verbinde ich von all unseren Tequilas die meisten Emotionen.

Mit zunehmend originalen mexikanischen Restaurants in Berlin, kommt das Mexiko Flair jetzt endlich nach Deutschland? Seht ihr bereits einen Trend? Was denkt ihr über das Verhältnis der Deutschen zum Getränk Tequila?

Man merkt einen gewissen Mexiko Hype hier in Berlin, das kann man so schon stehen lassen. Wie du schon sagst, gibt es mittlerweile eine Vielzahl großartiger mexikanischer Restaurants hier mit authentischer mexikanischen Küche. Allerdings tun sie sich häufig noch ein wenig schwer Qualitätsprodukte anzubieten wenn es um Spirituosen, bzw. Tequila geht. Letztenendes ist es immer eine Frage der Kosten und Gastronomen müssen ihre eben stets im Blick behalten. Jedoch stellt der Mehrwert eines guten Tequilas für den Kunden die geringfügige Kostenersparnis bei weitem in den Schatten. Das merken wir in einigen Betrieben, die bereits heute Qualitätsprodukte anbieten. Die Gäste kommen in solch ein Restaurant um authentisch mexikanisch zu speisen und auch zu trinken, sie möchten ein Gesamterlebnis und sind dafür gerne bereit ein paar Euro mehr zu bezahlen um ein Glas eines echten Tequilas zu probieren, übrigens dann auch in einem echten Caballito. Das Feedback der Gäste spricht für sich und wir hoffen, dass bald alle auf diesen Zug aufspringen werden.

Zum Verhältnis der Deutschen zu Tequila würde ich sagen, dass es momentan zumindest noch nicht wirklich vorhanden ist. Tequila wird größtenteils noch als Partygetränk betrachtet und nicht als qualitativ hochwertige Spirituose. Ich denke aber, dass durch solche Aufklärer und Vorreiter wie du es auch bist, sich das bald ändern wird!

tequilafabrik.de

Foto: Cholula, Mexiko von Alex Polezhaev

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